Abendmusik

Samstag, 25. Juni 2016 20:00 Stadtkirche Aarau

Programm

Roman Melish, Countertenor

Nadia Bacchetta, Orgel

Orchesterverein Aarau

Leitung: David Schwarb


Johann Ludwig Bach (1677-1731)

Suite für Streicher G-Dur


Johann Adolph Hasse (1699-1783)

Mundi amores relinquendo. Motette für Alt und Streicher


Leos Janacek (1854-1928)

Suite für Streichorchester


Ferdinand Thieriot (1838-1919)

Konzert für Orgel und Streichorchester F-Dur


 


Eintritt frei, Kollekte

Konzerteinführung um 19.15 Uhr

Die Solisten

Roman Melish singt anstelle des erkrankten Victor de Souza Soares.

Roman Melish wurde 1988 in Ternopil (Ukraine) geboren. Seine musikalische Ausbildung für Chorleitung erhielt er an der staatlichen Gebietsmusikschule Ternopil S.-Kruschelnyzka und an der nationalen Tschaikowski-Musikakademie der Ukraine in Kiev. In der Ukraine hat er als Chorsänger am Nationalen Akademischen Operettentheater in Kiev gearbeitet und beteiligte sich als Sänger (Tenor) an verschiedenen musikalischen Festivals (Volksmusik, Alte Musik, Neue Musik) in der Ukraine, in Norwegen und den Niederlanden.
 
Seit 2013 studiert Roman Melish historischen Gesang (Contratenor) bei Gerd Türk an der Schola Cantorum Basiliensis. Als Mitglied verschiedener Ensembles wie «Profeti della Quinta», «Ensemble Gilles Binchois», «Thélème» und «La Cetra» tritt er an diversen internationalen Festivals und Konzerten in der Schweiz, in Österreich, Frankreich und Deutschland auf.


Nadia Bacchetta wirkt seit 2011 als Hauptorganistin an der Stadtkirche Aarau. Unterstützt durch die beiden Orgeln, engagiert sie sich innerhalb eines weiten musikalischen Terrains, das die Pflege Alter Musik ebenso wie die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Klangwelten oder Jazz abdeckt.

Nadia Bacchetta absolvierte ihre Ausbildung an der Hochschule der Künste Bern bei Heinz Balli (Lehrdiplom mit Auszeichnung) und Daniel Glaus (Konzertdiplom mit Vertiefungsrichtung Zeitgenössische Musik). Ferner bereitete sie sich im Rahmen eines Erasmus-Auslandaufenthaltes bei Hans-Ola Ericsson in Piteå (Schweden) auf den Specialized Master in Music Performance vor.

Die Werke

Trouvaillen
Kennen Sie die Tönnerenegg? Sie liegt unscheinbar eingebettet in den St. Galler Voralpen, eine grasbewachsene Erhebung, 995 Meter über Meer. Hierher verirrt sich keine Reisegruppe aus Japan auf ihrem Weg von Luzern nach Zermatt. Auch wer die Schweiz besser kennt, schon an drei Dutzend beliebten und spektakulär schönen Orten war, wird hier kaum je vorbeikommen. Aber welch eine Aussicht! Vom Säntis bis zu den Berner Alpen reiht sich Gipfel an Gipfel, talwärts schweift der Blick über den Zürichsee. Und man ist allein hier.Ähnlich geht es im klassischen Konzertbetrieb zu und her: Ein paar wenige Werke gehören auch für Vorbeireisende zum Pflichtprogramm und etwa drei Dutzend Komponisten sind im Konzertleben heute noch regelmässig präsent. Daneben warten zahllose musikalische Orte vom Rang einer Tönnerenegg auf neugierige Ohren. Sie gehören nicht zum Standard-Repertoire, diesem gleichsam amtlich beglaubigten Destillat an musikalischer Originalität. Aber sie sind einen Abstecher unbedingt wert, ein Verweilen lohnt sich. An solche Orte lädt Sie dieses Konzert ein.

…aus Barock…

Im ersten Teil begegnen sich zwei Barockmeister. Der erste, Johann Ludwig Bach, würde wohl noch immer auf seine Wiederentdeckung warten, wenn er nicht ein Namensvetter und ein Cousin zweiten Grades von Johann Sebastian Bach gewesen wäre. Der hat seine Werke geschätzt und oft aufgeführt – Grund genug, die Kompositionen dieses langjährigen Meininger Hofkapellmeisters genauer anzuschauen. Zum Beispiel die raffiniert komponierte G-Dur-Suite von 1715. Sie ist sein einziges erhaltenes Orchesterwerk – wieviel originelle Musik muss da verloren gegangen sein!

Von Johann Adolph Hasse ist viel mehr Musik überliefert. Hasse hat in der goldenen Ära der Stadt Dresden die dortige Opernszene beherrscht und sich mit seinen 40 Opern europaweiten Ruhm erworben. Nach seinem Tod ist seine Musik fast völlig vergessen gegangen, seit etwa 30 Jahren erlebt sie aber eine Renaissance. Trotzdem gibt es noch immer viele Werke des «Divino Sassone» zu entdecken. Seine ausdrucksvolle Motette «Mundi amores relinquendo» etwa existierte bisher nur als Manuskript – sie erlebt in diesem Konzert ihre Schweizer Erstaufführung

.…und Romantik

Der zweite Programmteil ist eine Antwort auf den ersten aus einer anderen Zeit. Auch er beginnt mit einer sechssätzigen Streichersuite – bloss ist diese hier von romantischen Emotionswogen durchflutet. Leoš Janáček, der spätere Erneuerer der tschechischen Musik, hat sie mit 23 Jahren geschrieben – als eine Art Visitenkarte: Die Suite war sein erstes für die Öffentlichkeit bestimmtes Instrumentalstück. Janáček liess sich dafür unüberhörbar von der Streicherserenade des Jugendidols Antonín Dvořak inspirieren, fand aber doch zu einer eigenständigen formalen Konzeption.

Zum Schluss des Programms erlebt gleich noch ein zweites Werk seine Schweizer Erstaufführung: Das Orgelkonzert F-Dur des gebürtigen Hamburgers und Brahms-Zeitgenossen Ferdinand Thieriot (Brahms selbst empfahl ihn 1870 auf die Stelle des Grazer Musikdirektors). Auch Thieriots Werke erhalten seit einiger Zeit wieder etwas mehr Beachtung. So ist vor 15 Jahren auch dieses undatierte Orgelkonzert erstmals editiert worden: Ein architektonisch eher einfach gehaltenes Stück, welches neobarocke Elemente mit dem Spannungsreichtum der romantischen Harmonik verbindet.

David Schwarb

Text zu Johann Adolph Hasses Motette «Mundi amores relinquendo»

I. Arie
Mundi amores relinquendo
Maesta plange tua peccata,

Sacro affectu vulnerata
Dulcem ama Redemptorem.
Coeli flammas percipiendo
Pura luce te exornabis
verum Dei servando amorem.


Lass die Liebe zum Irdischen hinter dir
Und beweine traurig deine Sünden,
Und wenn du sie mit heiligem Ernst bekämpft hast,
Dann richte die Liebe auf den milden Erlöser.
Ahne den Flammenglanz des Himmels voraus
Und schmücke dich mit reinem Licht,
Indem du dir die wahre Liebe zu Gott bewahrst.


II. Rezitativ
Decepti o vos mortales,
qui vanos mundi amores tam avidi exoptatis.
Ah! Videte quot poenae, quot dolores circumstent cor.
Ad Deum vos respiciendo quaerite coeli amorem
et vestrum fide amate salvatorem.

O ihr verwirrten Sterblichen,


Die ihr euch so blind für die hohle Liebe zum Irdischen entscheidet,
Seht doch, wie viel Sühne, wie viel Schmerz euer Herz belagert!
Richtet euch nach Gott aus, strebt nach der Liebe zum Himmel
Und liebt mit Glaubenskraft euren Erlöser.


III. Arie
Si non amas contemplando
Crucifixum tuum amorem
Nisi ostendis tuum dolorem
In aeternum suspirabis.
Viva fide Deum amando
Vero gaudio consolata
Jubilando tu exultabis.


Wenn du deine Liebe nicht
In der Betrachtung des Kreuzes liebst
Und deinen Schmerz nicht offenbarst
Wirst du in Ewigkeit seufzen.
Wenn du aber Gott mit einer lebendigen Glaubendkraft liebst,
Die von wahrer Freude erquickt ist,
Dann wirst du jubelnd frohlocken.


IV. Arie
Alleluja