Abendmusik zum Patrozinium

Samstag, 27. Juni 2015 20:00 Kath. Kirche St. Peter und Paul, Aarau

Programm

Yannick Wey, Trompete
David Schwarb, Leitung


Johann Friedrich Fasch (1688-1758)
 Sinfonie G-Dur FWV M:G4


Johann Sebastian Bach (1685-1750)
 Konzertsatz für Trompete und Streicher BWV 212/4 R


Heitor Villa-Lobos (1887-1959)
Bachianas Brasileiras Nr. 9 für Streichorchester


Ernst Widmer (1927-1990)
Marujadas, reisado e toada do Médio São Francisco op. 141


Lars-Erik Larsson (1908-1986)
Concertino für Trompete und Streicher op. 45/6


Edvard Grieg (1843-1907)
Zwei nordische Weisen op. 63


Eintritt frei, Kollekte

Der Solist

Yannick Wey wurde 1987 im Aargau geboren. Er vertritt die vierte Generation von Blechbläsern in seiner Familie. So erhielt er seinen ersten Trompetenunterricht im Alter von vier Jahren von seinem Vater.

Yannick Wey gewann Preise der Aargauischen Spitzenförderung und des Schweizer Jugendmusikwettbewerbes. Nach der Maturität studierte er Trompete bei Claude Rippas und Frits Damrow in Zürich und nahm regelmässig an Meisterkursen teil. Sein Konzertrepertoire umfasst Werke von Frühbarock bis Moderne. Seine besondere Leidenschaft gilt dem Studium der Barocktrompete und der historischen Aufführungspraxis.

Die Werke

Paare und Brücken


Der Orchesterverein Aarau im Bann von musikalischen Dreiecksbeziehungen


Man könnte es musikalische Geometrie nennen: Der Orchesterverein Aarau zeichnet dieses Jahr in seinem traditionellen Patroziniumskonzert in der katholischen Kirche Aarau ein Dreieck. Das Grundgerüst ist simpel: In jeder Ecke stehen die Namen zweier Komponisten, die zusammen ein musikalisches Tandem bilden. Und alle drei Ecken sind miteinander verbunden durch musikalische Brücken.


Die Paare

Oben in der Mitte: die Ecke des deutschen Barock. Der Leipziger Thomaskantor Johann Sebastian Bach thront da neben seinem Zeitgenossen Johann Friedrich Fasch, dessen Musik er gekannt und geschätzt hat. Fasch war 35 Jahre lang Kapellmeister am kleinen, aber musikaffinen Hof von Zerbst, und er hat in dieser Zeit jede Menge Musik von verblüffender Originalität geschrieben – Musik, die erst seit einigen Jahren wiederentdeckt wird. Zu den Schätzen aus seinem Nachlass gehören zwölf affekt- und geistreiche Streichersinfonien. Mit einer von ihnen eröffnet der Orchesterverein sein Konzert.


Unten links: die Ecke der brasilianischen Moderne. Sie ist zum einen vertreten durch den ersten Komponisten Lateinamerikas, welcher internationale Bekanntheit erlangt hat, durch den Übervater der Klassischen Moderne Brasiliens: Heitor Villa-Lobos. An seiner Seite: ein Komponist aus – Aarau! Es ist Ernst Widmer, der mit 29 Jahren nach Brasilien auswanderte und sich dort zu einer zentralen Figur im Musikleben des Bundesstaates Bahia entwickelte. Hier, wo er als Komponist, Pädagoge und Musikvermittler hoch angesehen war, hat er – obwohl er den Kontakt zu Aarau nie verlor – seine musikalische Heimat gefunden.


Unten rechts: die Ecke der skandinavischen Romantik und Post-Romantik. Auch da steht ein musikgeschichtlicher Riese neben einem weniger bekannten, aber ebenfalls bedeutenden Komponisten. Der Riese ist Edward Grieg – ihm ist es gelungen, den Klang der skandinavischen Nationalromantik zu definieren. Und mit ihm einher geht Lars-Erik Larsson, der als Komponist und Pädagoge, als kreativer Anreger und Vermittler im Schweden des 20. Jahrhunderts eine ähnlich wichtige Rolle gespielt hat wie Ernst Widmer in Bahia.


Die Brücken

Barock, Brasilien, Skandinavien: Nichts scheint diese drei Welten zu verbinden. Der Orchesterverein Aarau schlägt in seinem Programm aber Brücken zwischen diesen drei Ecken der musikalischen Welt – Brücken, die das Programm im Innersten zusammenhalten.


Die erste Brücke verbindet Barock und Brasilien. Gebaut hat sie Heitor Villa-Lobos, zu dessen bekanntesten Werken die «Bachianas Brasileiras» gehören. Villa-Lobos greift darin zurück auf typische Gestaltungselemente der Musiksprache Johann Sebastian Bachs – und verknüpft sie mit Anklängen an die brasilianische Folklore. Das Paar aus Präludium und Fuge in den Bachianas Brasileiras Nr. 9 für Streichorchester ist ein eindrückliches Beispiel für den Reiz dieser Synthese.


Die zweite Brücke führt von Südamerika nach Nordeuropa. Sie verbindet zwei Werke von Ernst Widmer und Edvard Grieg, die auf vergleichbare Weise folkloristische Lied- und Tanzmelodien aus ihrer Region in den Klang des Streichorchesters tauchen. Beide Kompositionen sind formal denkbar einfach, farblich aber umso differenzierter gestaltet – wobei Ernst Widmer diese Differenzierung gelingt, ohne dass jemand im Orchester die erste Lage verlassen muss: massgeschneiderte Musik für ein Laienorchester!


Die dritte Brücke schliesslich, jene zwischen Skandinavien und Barock, ist eine Klangbrücke, welche die Trompete baut. Sie gibt ihren Glanz zunächst einem prächtigen Konzertsatz von Bach mit – den es so gar nicht gibt: David Schwarb hat hier zusammen mit  dem Aarauer Trompeter Yannick Wey das Experiment gewagt, eine Bach-Arie mit auffällig instrumentalen Gesangslinien in ihre mögliche Urform zurückzugiessen. Und dann glänzt das Instrument auch noch in einem kurzen Concertino von Lars-Erik Larsson, welches lustvoll sämtliche Trompeten-Klischees bedient: Signal-Motivik, Schwelg-Romantik, Fanfaren-Glanz.